Erfolgsgeschichten aus Greifswald
Am 20. Juni 2023 ist der Weltflüchtlingstag. Weltweit sind 108 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie fliehen vor Krieg, gewaltsamen Konflikten, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und Katastrophen. In Greifswald leben derzeit 2.319 schutzsuchende Menschen. Um ihnen ein Gesicht zu geben, haben wir Geflüchtete in Greifswald gebeten, ihre Geschichten zu erzählen.
Geflüchtete aus Greifswald erzählen ihre Geschichte...
Meine Familie zog Ende 2014 aus der Ostukraine nach Deutschland, ich war zu dem Zeitpunkt 14 Jahre alt, mitten in der Pubertät und fand es gar nicht so toll. Leider konnten meine Eltern sich das damals nicht aussuchen: meine Mutter ist Rechtsanwältin und war eine Zeit lang bei mehreren politischen Parteien beruflich tätig; 2014 wurde in Donbass (meine Heimat) jegliche politische Tätigkeit untersagt und meine Mutter wurde aus diesem Grund verfolgt und bedroht, so dass es dort für meine Familie nicht mehr sicher war.
Meine Heimatstadt heißt Luhansk, dort besuchte ich ein Gymnasium und war sehr froh, meine Schullaufbahn in Deutschland fortsetzen zu dürfen. Es war schon immer mein Traum, Medizin zu studieren, deswegen wollte ich unbedingt das Abitur absolvieren und das auch möglichst gut. Als ich dann die Zusage vom Jahngymnasium in Greifswald erhielt, war meine Freude unbeschreiblich! Die Schulzeit war nicht immer einfach für mich, es lag bestimmt zum Teil auch an dem Alter. Ich konnte aber trotzdem viele neue Freunde finden und hatte Spaß am Lernen.
Den heutigen Schüler*innen mit Migrationsgeschichte kann ich nur empfehlen, nie aufzugeben und immer weiter zu versuchen, sei es die Sprache oder die Schulnoten. Jeder Anfang ist schwer, aber mit ein bisschen Übung wird es immer besser! Und man soll sich nicht dafür schämen, um Hilfe zu bitten. Das ist mir die ersten Jahre schwer gefallen, in meinen Augen war es damals etwas Peinliches. Aber es stimmt gar nicht, es gibt immer nette und hilfsbereite Menschen und peinlich ist es schon mal gar nicht!
Nach der Schule absolvierte ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin an der Universitätsmedizin Greifswald und studiere aktuell Medizin, was mich unglaublich glücklich macht. Nach dem Studium würde ich gern in einem chirurgischen Fachbereich arbeiten, aber bis dahin muss ich noch einige Prüfungen schaffen.
Anlässlich des Weltflüchtlingstags sagt Juliana Irkliievska: „Ich wünsche mir, dass nicht mehr in „gute“ und „schlechte“ Migrant*innen bzw. Flüchtlinge unterteilt wird. Es sind alles Menschen, die viel durchgemacht haben und sicherlich sowohl gute als auch schlechte Charaktereigenschaften haben, was aber menschlich ist und nichts mit dem Herkunftsland zu tun hat. Migration und Integration sind nichts negatives, sondern sorgen für die kulturelle Vielfalt!“
Mein Name ist Ramin (Avat) Otmishi. Ich bin 39 Jahre alt und komme aus der Stadt Mahabad, Kurdistan, Iran. Ich bin seit einem Jahr in Deutschland und lebe in Greifswald. Ich begann im Alter von sechs Jahren in meiner Stadt Mahabad professionell Fußball zu spielen und spielte fast 25 Jahre lang. Aufgrund meines großen Interesses am Fußball konnte ich es nicht aufgeben und begann als Trainer.
Aufgrund der Probleme, die mir widerfuhren, musste ich den Iran verlassen und kam nach Athen, Griechenland. In Athen verfolgte ich eine Trainerkarriere und ich durfte seit 2018 vier Jahre lang als Coach mit der Barcelona Foundation zusammenarbeiten. Während dieser Zeit habe ich mit rund 700 Geflüchteten im Alter zwischen 9 und 17 Jahren aus verschiedenen Ländern Fußball gespielt und in verschiedenen Lagern in Griechenland gearbeitet.
In der Zwischenzeit habe ich immer darüber nachgedacht, ein Team für erwachsene Flüchtlinge aufzubauen, um sie durch Fußball besser an die Gesellschaft, in der sie leben, anzupassen und durch Sport ihre Beziehungen zu stärken. Nach viel Mühe und der Suche nach einer Organisation konnte ich dieses Team aufbauen und wir haben die besten unter den Spieler ausgewählt. Mit dieser Mannschaft haben wir in Athen die Meisterschaft in der regionalen Super League gewonnen. Ich freue mich sehr, dass einige dieser Spieler mittlerweile in unteren Ligen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Griechenland und Frankreich spielen.
Nachdem ich nach Greifswald gekommen bin, konnte ich mein Ziel verfolgen und zusammen mit Frau Homaira Adeel vom Verein Asna e. V. eine Fußballmannschaft namens Asna FC für geflüchtete Spieler gründen (Asna FC ist ein Projekt des Vereins Asna e. V.). Damit wir durch Fußball Freunde und Vitalität in ihr Leben bringen und wir uns gemeinsam schneller an die deutsche Gesellschaft anpassen können. Mir ist es sehr wichtig, dass sie im ersten Schritt besonders darauf achten, sich selbst und die Gesellschaft, in der sie leben, zu respektieren und dann Fußball zu spielen. Denn für mich sind sowohl Sport als auch im Lebensbereich fünf Prinzipien wichtig: Respekt, Teamarbeit, Einsatz, Aufopferung und das Erreichen des Ziels.
Am Ende hoffe ich wirklich, dass ich meinen Lieblingsjob als Trainer mit Kraft weiterführen kann und durch die Teilnahme am Trainerkurs in Deutschland meinen Kindheitstraum erfüllen und Trainer in einer Mannschaft in Deutschland werden kann.
Anlässlich des Weltflüchtlingstags sagt Avat Ramin Otmishi: „Es ist schwer nach Deutschland zu kommen, da die legalen Fluchtwege fehlen. Viele begeben sich deswegen auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer. Ich möchte alle Geflüchteten dazu ermutiegen, fokussieren Sie sich auf Ihr Leben, bringen Sie sich in die Gesellschaft ein, lernen Sie die Sprache, und verfolgen Sie Ihre Träume. Denn Sie erhalten überall Hilfe, ob Sie Fußball spielen oder studieren möchten – Sie haben in Greifswald viele Chancen!“
Jetzt mitspielen!
Im Asna FC trainieren derzeit 29 Geflüchtete aus Afghanistan, Syrien, Iran, Iraq, Palästina und Somalia. Das Team trainiert dreimal die Woche, dienstags, donnerstags und samstags. Herr Otmishi wünscht sich, dass auch deutsche Spieler und ukrainische Geflüchtete dazu kommen. Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen, sich bei ihm zu melden. Kontakt für die Anmeldung: info@asna-ev.de.